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ehemals Württembergischer Verein zur Förderung der humanistischen Bildung e.V.

Montag, 26. Oktober 2015

Weltmacht in Wilkenburg - Einstimmiges Votum für die Römer

Hemmingen in Niedersachsen, Ortsteil Wilkenburg, unter tausend Einwohner. Als die Firma Holcim plante, dort Kies abzubauen, rechnet niemand mit Problemen: Laut Planunterlagen der Region Hannover würden alle Grundstückseigentümer an Holcim verkaufen. Doch dann treten Kleinfunde zu Tage, Sandalennägel, eine Pinzette und Münzen, darunter ein römisches As, geprägt 15 v. Chr. und einer Kupfermünze (kurz nach Christi Geburt, aus Lyon). Der Archäologe Otto Braasch hatte mittels Luftbildern schon 1992 eine rechteckige Grabenanlage östlich des Flusses Leine wahrgenommen. Nun haben die Archäologen Gewissheit: Ein großes römisches Marschlager aus der Zeit um Christi Geburt, das erste seiner Art in Norddeutschland. Bis zu 20.000 (!) Soldaten haben hier Platz gefunden, über drei Legionen. Ein gewaltiges Lager auf ca. 30 Hektar (ca. 500m x 600m), über das die Zeitungen berichten (z.B. Hannoversche Allgemeine vom 13.10.2015 und vom 16.10. „Weltmacht in Wilkenburg“).
Römerlager für 20.000 Mann  in Wilkenburg
             Wie geht man mit nun mit so einem großen Fund um? Schließlich wollen einige Bauern ihr Land zunächst weiter an Holcim verkaufen. Im Normalfall setzten sich immer die wirtschaftlichen Interessen durch. Im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt verschwindet der Fundplatz selbst bei sensationellen Holzfunden oder der größten Töpferwerkstatt nördlich der Alpen kurzerhand unter einer Tiefgarage und unter einem neuen Wohnhaus. Nur Notgrabungen wurden zugelassen.
            Nicht so in Wilkenburg: Die Kirchengemeinde St. Vitus stellt zusammen mit der Stadtverwaltung das Grundstück nicht zur Auskiesung zur Verfügung, der Rat der Stadt Hemmingen spricht sich mit großer Vehemenz gegen den Kiesabbau aus - einstimmig, unterstützt vom Bürgermeister und von sämtlichen Fraktionen. Die zahlreichen Zuschauer klatschen laut Beifall, die gesamte Stadt zieht an einem Strang. Das Kulturgut des Römerlagers bleibt damit künftigen Generationen erhalten.
Sollte man sich da nicht in eine Scheibe von abschneiden in Baden-Württemberg…?

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